Besonders während der langen, dunklen Winterabende wirkt die ansonsten durchaus idyllische Altstadt in Knittlingen bisweilen wie ausgestorben. Doch dagegen kämpfen die Mitglieder des TSV Knittlingen mittlerweile seit über zehn Jahren erfolgreich an.
Und zwar mit ihrem Glühweinwagen, der in der Marktstraße beim Kastanienbaum längst schon zur In-stitution geworden ist. Geöffnet hat er bei jedem Wetter – immer vom ersten Advent bis zum Dreikönigstag im Januar – jeweils von Freitag bis Sonntag. Um 17.30 Uhr trudeln in der Regel die ersten Gäste ein, gegen 21.30 Uhr werden die Schotten wieder dicht gemacht. Dazwischen ist bei heißer Wurst und Glühwein gemütliches Beisammensein zumeist für die ganze Familie angesagt. Während sich der Nachwuchs mit Kinderpunsch vergnügt und um den Wagen tobt, haben sich die Erwachsenen an den Stehtischen niedergelassen und sind in Gespräche vertieft. „Heute ist sogar ein ganzer Tisch mit Neubürgern hier, die erst kürzlich hierher gezogen sind“, weiß Jürgen Mössner, der Vorsitzende des TSV Knittlingen. Mössner hat schnell erkannt, dass der Glühweinstand eine wichtige soziale Funktion innehat. „Hier trifft sich Gott und die Welt und man kann sich entspannt austauschen. Eine bessere Kontaktbörse gibt es kaum“, ist Mössner überzeugt.
Vor über zehn Jahren habe man klein angefangen. Zuerst sei der Stand vor der Metzgerei Dobler platziert gewesen, danach einige Zeit vor dem Faustmuseum, bis man schließlich beim Kastanienbaum den jetzigen Standort gefunden habe. „Durch unsere Initiative waren wir sozusagen auch Vorreiter und Wegbereiter für den Knittlinger Weihnachtsmarkt in der Altstadt rund um das Steinhaus“, betont der TSV-Chef. „Und wenn der Markt zu Ende ist, halten wir hier noch bis ins neue Jahr die Stellung.“
Dass dies auch mit einigem Aufwand verbunden ist, versteht sich von selbst. An diesem Abend hat Bernhard Braun, der zweite Vereinsvorsitzende, mit seiner Frau Angelika Dienst im Wagen. Und es gibt eine Menge zu tun, denn rund 40 Gäste tummeln sich an den Tischen vor dem Tresen. „Wenn hier richtig Schnee liegt, ist es mit einer Tasse Glühwein in der Hand natürlich umso schöner. Wir kommen aber auch so ganz gut zurecht – selbst wenn hier nur fünf oder sechs Mann auftauchen“, sagt Braun. Wie immer schenkt er den samtroten Tropfen eines Güglinger Weinguts an sein durstiges Publikum aus. „Die Frau des Winzers stammt aus Knittlingen“, weist Braun nicht ohne Stolz auf die regionalen Verbindungen hin. Nach und nach schwindet auch der Inhalt der beiden 15-Liter-Töpfe auf den Herdplatten, die den Wein auf etwa sechzig Grad erhitzen. Den Wagen, der auch über eine Bierzapfanlage verfügt, haben die Mitglieder des TSV Knittlingen selbst gebaut und nutzen ihn zudem regelmäßig für das Straßenfest. „Wir haben viele Stammgäste, es kommen aber auch immer wieder neue Gesichter hinzu“, erzählt Mössner. Jede Woche verrichte eine andere Vereinsabteilung ihren Dienst im Wagen. „Inzwischen sind wir ein eingespieltes Team und unser Glühwein wird gelobt“, fügt er hinzu.
Das mag zum Teil auch daran liegen, dass der edle Tropfen auf Wunsch mit einem Schuss Amaretto-Likör verfeinert werden kann. „Zum Glück liegt der Stand recht zentral. Man kann bequem herlaufen und vor allem auch wieder nach Hause laufen“, hält Marcel Kälber mit einem Augenzwinkern fest. Für den vor ein paar Jahren aus Pforzheim zugezogenen Peter König wird beim Glühweinstand die „Dorfgemeinschaft gelebt“, wie er sagt. „Ich bin von Anfang an dabei und mache, so oft es geht, mit meinen Kindern hierher einen Spaziergang. Das hat schon Tradition.“
Auch andere Gäste genießen die familiäre Atmosphäre rund um den Stand. „Man fühlt sich einfach wohl, babbelt mit den Tischnachbarn und kann dabei den Alltagsstress abbauen. Für mich ist das wie eine kleine Insel der Erholung“, meint die 43-jährige Janette, deren Kinder ausgelassen um den Wagen toben. Denn auch das bringt ein bisschen Leben in die Knittlinger Altstadt – zumindest noch bis zum 6. Januar.